Wilfried Stroh

Warum soll man Klassische Philologie studieren?

Beitrag zu: BR 2, 22.11.2007, 20.30 Uhr

„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit.“
Wer ihn in voller Tiefe ausloten will, der muss wohl zu den Sumerern gehen
Aber näher an den Quellen unserer heutigen Kultur die Griechen und Römer.
Die Griechen haben die bis heute fast verbindlichen Formen der Literatur geschaffen.
Von ihnen stammen unsere Denkkategorien in Philosophie und Wissenschaft.
Kein Erzähler der Welt kommt am Vorbild Homers vorbei.
Und unsere ganze Philosophiegeschichte, hat ein schlauer Mann gesagt, ist nichts als: „footnotes to Plato“.
Die Römer waren nicht ebenso kreativ, außer im Recht, das dem unsrigen zu Grunde liegt.
Dafür waren sie als einziges Volk der alten Welt willens und befähigt,
sich die Schätze der griechischen Kultur in ihrer eigenen, der lateinischen Sprache anzueignen
und so eine Weltsprache zu schaffen,
die über die Kulturbrüche von Spätantike, Mittelalter und Neuzeit
bis weit ins 18. Jahrhundert lebendig war, ja dies in Ausläufern bis heute ist.
Plurimi sunt in orbe terrarum qui nunc quoque Latine loquantur.
Das Studium der lateinischen Philologie, zu dem ich dringend raten kann,
gibt nicht nur einen Zugang zur römischen und griechischen Welt der Antike,
sondern auch zu einer 2000-jährigen lateinischen Sprachkultur.
Berufliche Chancen hat der Latinist, aber auch der Gräzist,
natürlich als Lehrer am Gymnasium, wo Latein z.Zt. sehr gefragt ist,
aber auch in wissenschaftlichen, besonders historischen Projekten,
im Kulturmanagement und im Journalismus –
überall wo Menschen mit breiter Bildung und mit einem Sinn fürs Schöne gesucht werden.
Colite studia Latina et Graeca!