PRAEFATIO LATINA AD
MARCI JUNKELMANN LIBRUM "EIN TRAUM VON ROM"


Valahfridus Marco suo salutem.

Musas mendaciis uti saepissime iam Hesiodus vates auctor fuit. eas enim in Theogonia sic etiam gloriantes inducit:

    scimus falsa quidem proferre simillima veris;
    scimus, si volumus, vere quoque dicere facta.


sed quod ille nosse non poterat: nulla umquam e Pieridibus petulantius atque impudentius mentita est quam illa, quae nuper decima, Cineto nomine, nisi fallor, adiuncta est choro novem sororum. quod fit praesertim, cum Latinam togam soleasque induta per imperium Romanum quod olim fuit vagatur – quas fabulas soleatas dicunt -, donec in suum Heliconem, qui est apud urbem Hollywood, revertitur. quam ob rem ridenda interdum propter audaciam videtur, certe non omnino spernenda, dummodo inter poeticam illam licentiam historicisque debitam fidem diligentissime distinguamus. quis enim tam sit morosus ac tetricus, ut cum  damno suo vel nugatorias illas gladiatorum trucidationes, quales nuper Ridleius Scott in scaena lintea exhibuit, spectare et admirari omittat – quamquam ibi vix ullum e vetere illa tam forti quam virili disciplina vestigium reperiatur.
    Horum omnium autem te, Marce, interpretem atque investigatorem esse optimum quis nesciat? tu enim, qualis vita fuisset Romanorum, quas vestes induissent, quibus epulis usi essent, eorum milites equitesque quomodo pugnavissent, vicissent, obissent, accuratissime et per libros et scholis in universitate nostra habitis accuratissime enucleavisti, non modo libris lectis testimoniisque inter se comparatis, sed tuo corpore paene cum vitae discrimine expertus et usu ipso, qui inter magistros omnes eminet, edoctus. quid quod nuper in ipsorum gladiatorum mores, leges, caerimonias paene primus inquisivisti eaque vivis, ut aiunt, spectaculis pelliculaque cinematica vulgo etiam nota fecisti? unde haud immerito te paene patrem eius, quae nunc ubique archaeologia experimentalis satis barbaro nomine celebratur, dicere possimus.
    Nunc autem quod somniis quoque Hollywoodianis operam dedisti eisque doctrinae immensae tuae lumen admovisti, id hercle valde laudo ac comprobo. nam si quaerimus quid novis temporibus homines de Roma vetusta senserint ac sentiant, non solum Petrarcas, Shakespearios, Racinios, Goethios aliosque humanitatis principes consulere debemus, sed etiam ad haec minora et recentiora, quae tamen sunt lepidissima, descendere. quod tu facis sermone tam iocoso ac faceto, ut, tua cum legimus, in ipso cinemateo versari nobis videamur. gratissimum autem feceris, si aliquos doctores aut actores cinematicos eo provoces, ut suas fabulas interdum etiam ad ipsam veritatem vitae antiquae propius adducant. falluntur enim, ut ipse scribis, qui solum mendacia iucunda populoque grata existimant. plerumque etiam vera praestare falsis videntur operaeque pretium facient, qui audebunt ... vere quoque dicere facta.

Macte virtute et vale.





Lieber Marcus Junkelmann,

dass sich die Musen vortrefflich aufs Lügen verstehen, wusste schon der alte Dichter Hesiod. Denn in seiner Theogonie lässt er sie folgendermaßen sich selber rühmen:

    Lügen zwar wissen wir viele, der Wirklichkeit ähnlich, zu sagen;
    wissen doch auch, wenn’s beliebt, die Wahrheit treulich zu künden.

Eines jedoch konnte der Mann noch nicht ahnen: dass keine aller Musen je verwegener und frecher von diesem Privileg Gebrauch machen würde als die zehnte, die sich neuerdings, unter dem Namen Kineto, wenn ich nicht irre, dem Reigen ihrer neun Schwestern angeschlossen hat. Vor allem tut sie das, wenn sie sich eine Römertoga angezogen hat, um in Sandalen – man spricht ja von Sandalenfilmen - durchs alte Römische Weltreich zu geistern, bis sie dann am Ende wieder auf ihrem Helikon, der bei Hollywood liegt, landet. Diese wirkt zwar wegen besagter Kühnheit oft recht erheiternd; aber ganz verachten sollte man sie darum doch nicht, sofern man nur eben sorgfältig zwischen der dichterischen Freiheit und der wissenschaftlichen historischen Wahrheit zu unterscheiden weiß. Es müsste ja einer schon ein arger Pedant und Griesgram sein, wenn er sich den Genuss der delikaten Gladiatorenschlächtereien, wie sie unlängst Ridley Scott auf die Leinwand gebracht hat, entgehen ließe – obwohl man darin kaum mehr einen Funken von der alten römischen Gladiatur, die eine besonders männliche und tapfere Disziplin war, wird finden können.
    Nun für all dies sind Sie, lieber Marcus, wie jeder weiß, der beste Interpret und Kenner. Sie haben wie kein anderer das Leben der Römer zum Gegenstand Ihrer Forschungen gemacht, haben in Ihren Büchern wie auch in Lehrveranstaltungen etwa unserer Universität die Kleidung und die Essgewohnheiten der Römer behandelt, haben vor allem auch dargestellt, wie deren Legionäre und Reiter zu kämpfen, zu siegen und zu sterben wussten. Dabei haben Sie nicht nur Bücher gewälzt und literarische Zeugnisse verglichen, sondern Ihre Forschungen mit dem physischen Einsatz des eigenen Körpers bis an die Grenze des Lebensgefährlichen getrieben und so die eigene Erfahrung, immer die beste Lehrmeisterin, zur Quelle der Erkenntnis gemacht. Eine Krönung dieser Studien war es, als Sie kürzlich Ihre Pionierarbeit über die Regeln und Gepflogenheiten der römischen Gladiatorenspiele vorgelegt und diese Dinge auch noch durch Liveshows und einen Dokumentarfilm unters Volk gebracht haben. So könnte man Sie mit Recht fast den Vater all dessen nennen, was neuerdings überall unter dem Namen der „Experimentellen Archäologie“ betrieben wird.
    Großartig finde ich also, dass Sie sich nunmehr auch Hollywoods „Traum von Rom“ mit so immenser Gelehrsamkeit zugewandt haben. Denn wenn es um das Rombild der Neuzeit und Gegenwart geht, dürfen wir nicht allein bei den berühmten Geistesfürsten wie Petrarca, Shakespeare, Racine und Goethe anfragen, wir müssen gerade auch in diese Niederungen, die ja doch auch so interessant und anziehend sind, hinuntersteigen. Und Sie machen das mit solchem Witz und Humor, dass man von Ihrem Buch nicht minder gefesselt ist als von einem Kinofilm. Aber das Schönste wäre es ja doch, wenn Sie einige Filmregisseure und Schauspieler dazu bringen könnten, es bei ihren Werken ein wenig mehr auch mit der Wahrheit in Bezug auf das antike Leben zu versuchen. Denn, wie Sie selber schreiben, ist es ein Irrtum, dass es mit Rücksicht auf den Geschmack des Kinopublikums nötig wäre, die historische Wirklichkeit zu verfälschen. Meist ist diese sogar interessanter als alles Ausgedachte, und es könnte sich auch hier einmal lohnen,    ... die Wahrheit treulich zu künden.

Mit herzlichem Glückwunsch zu Ihrer Leistung bin ich
Ihr Wilfried Stroh