Wilfried Stroh

Momentanea: kleiner Zitatensalat als Horsd’½uvre

„Was glänzt, ist für den Augenblick geboren“, lässt ein bekannter Dichter seinen Doppelgänger sagen, um auf dieser Folie seine eigene, wertbeständige Poesie ins wahre Licht zu setzen. Literareon hält, wie man sieht, dagegen, indem es sich just vom Augenblick Glanzstücke preiswürdiger Prosa in Form von Kurzerzählungen erhofft: „Könnt ihr vom Augenblicke sagen ...?“ Nach der vor zwei Jahren ausgeschriebenen Nadelspitze als dem kleinsten noch wahrnehmbaren Raum, war ja nun in der Tat der Augenblick das gebotene Thema, verkörpert sich doch in ihm, dem flüchtigen Wimpernschlag der Muse, geradezu die Idee der Kurzgeschichte als der kleinsten noch eben erzählbaren Begebenheit. Aber dieselbe muss es dann auch in sich haben, denn, wie Kaiser Ferdinand I. wusste: „Im Augenblickkann sich begeben, was niemand je gedacht im Leben (Accidit in puncto, quod non speratur in anno)“; und so zitiert denn Literareon noch einmal den bekannten Dichter, indem es seinen Autoren zuruft: „Nur wer den Augenblick ergreift, der ist der rechte Mann“. Er muss ja seine Hoffnung auf die ersehnte Preisverleihung nicht gleich so weit treiben wie der überspannte Infant des anderen kaum minder berühmten Dichters: „Ein Augenblick gelebt im Paradiese wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt.“ Schließlich erhofft Literareon von ihm und allen seinen Autoren noch viele Beiträge zur Literatur, Bleibendes, nicht nur „für den Augenblick“.