Valahfridi praefatio

Prosae Romanae Artificibus suis ut operam darem A.D. MCMLXX Michael ab Albrecht professoris egregii me commouit uoluntas. Quid enim facerem? Eram eius tum famulus siue assistens, ut nunc barbare dicunt, ad omne seruitii genus tam imperio quam amore et admiratione magistri paratus. Vtile autem ei uidebatur in librum sub illo titulo confectum indicem siue catalogum rerum et locorum componi, qui operi coronidem quandam imponeret.
Quod quam commodum ac paene necessarium esset, statim intellexi, cum primum opus attigissem. Nam Michael magister in Latinae prosae historia delineanda aliam uiam ingressus est atque ei, qui antea idem aut simile quid temptauerant, dico praesertim Eduardum Norden ab omnibus celebratum et Antonium Leeman Batavorum doctissimum. Eduardus quidem et omnis Artificiosae Prosae Antiquae quasi animam in figuris a Gorgia olim repertis deprendere sibi uidebatur et singula scripta ad certas operum leges reuocabat; Antonius contra in Orationis Ratione scriptorum libros ex eis maxime iudicabat quae aut ipsi aut critici quidam existimauerant. Quid igitur Michael? Non tam uniuersas aliquas siue generales sententias quaerebat quam singulis locis optimorum scriptorum diligentissime excussis et sine praeiudicio enarratis uniuscuiusque indolem atque ingenium penitus pernoscere studuit. Quo magis attinebat in indice a me conficiendo ex singulorum tractatione ea rursum quae ad uniuersum pertinerent excerpere et ita contexere, ut opus etiam magis inter se cohaerere uideretur.
Libenter igitur tunc istam opellam suscepi nec, ut multi ad talia coacti, in ergastulum aut aliquam molam Plautinam deiectus mihi uidebar, praesertim cum in magistri libro non solum notam illam linguae Latinae peritiam agnoscerem, sed ubique etiam cimelia quaedam paradoxa, ut Graece dicam, cum gaudio inuenirem. Quis non audiuit de Senecae breuitate? Hic discimus etiam de eius prolixitate. Quis non accepit ubique inconcinnitatem affectare Sallustium? Hic quam saepe et quam apte concinnus sit legitur. Quis non adorat illam legem Behaghelianam, quae est de crescentibus membris? Hinc comperimus quam saepe illa lex non neglegatur solum, sed etiam in contrarium uersa sit. Quare ut paucis dicam, Michael duce eum in modum scriptores legere discimus, ut non traditas opiniones foueamus, sed nostris freti oculis omnia sic spectemus quasi recentia ac nunc primum a nobis reperta sint.
Gaudeo igitur, quod hic liber, qui non solum doctissimis lectoribus semper gratus, sed etiam bonarum artium studiosae iuuentuti saepe utilis uisus est, iam quarta editione dignus putatur. Proderit multis, delectabit omnes.
 
 

Vorwort von Wilfried Stroh (Übersetzung)

Seinen Meistern römischer Prosa mich zu widmen, bestimmte mich im Jahre 1970 der Wille des trefflichen Professors Michael von Albrecht. Was hätte ich auch tun sollen? Ich war ja damals sein Famulus bzw. Assistent, wie man jetzt in der Barbarensprache sagt, und hatte mich sowohl nach Weisungsbefugnis als auch gemäß meiner bewundernden Liebe für den Meister zu jeder Art von Dienstleistung erbötig zu zeigen. In diesem Fall schien es ihm vernünftig, zu dem Buch, das unter dem erwähnten Titel abgefasst war, einen Index bzw. ein Sach- und Stellenregister zu erstellen und ihm damit gewissermaßen den Schlussstrich zu verpassen.
Wie sehr dies sinnvoll, ja fast notwendig war, sah ich sofort, als ich mich ans Werk machte. Denn Meister von Albrecht wählte einen anderen Weg als diejenigen, die vor ihm eine Geschichte der lateinischen Prosa oder dergleichen zu skizzieren unternommen hatten, wobei ich vor allem an den allseits berühmten Eduard Norden und an Anton Leeman, den hochgelehrten Niederländer, denke. Norden sah ja gewissermaßen die Seele der Antiken Kunstprosa verkörpert in den einst von Gorgias erfundenen Redefiguren, und außerdem versuchte er alle Literaturwerke unter Bezug auf feste Gattungsgesetze zu erläutern. Leeman wiederum in Orationis Ratio hielt sich bei der Beurteilung vor allem an diejenigen Kategorien, die die Autoren selbst oder bestimmte Kunstrichter in ihren Urteilen aufgestellt hatten. Was also machte von Albrecht? Er ging nicht eigentlich darauf aus, zu allgemeinen und universell gültigen Aussagen zu kommen, sondern er wandte sich ganz dem Einzelnen zu, indem er bestimmte Partien aus den besten Schriftstellern minuziös unter die Lupe nahm und ohne vorgegebene Kategorien interpretierte, um damit die individuelle Eigenart eines jeden in der Tiefe zu erfassen. Umso sinnvoller war es daher, in einem Register, wie ich es zu erstellen hatte, gerade die allgemeinen Gesichtspunkte herauszuheben und so unter sich zu verknüpfen, dass das Werk noch mehr an innerer Einheit gewann.
So ging ich also damals mit Spaß an die Arbeit und fühlte mich nicht wie andere, die man zu dergleichen verdonnert, als Sträfling oder Mühlenknecht wie Plautus, zumal ich im Buch des Meisters nicht nur wieder einmal seinen bekannten Sinn für die lateinische Sprache wahrnahm, sondern überall auch mit Vergnügen auf überraschende Preziosen stieß. Wer hat nicht schon gehört von Senecas Knappheit? Hier lernt man auch Senecas Breite kennen. Wen hat man nicht gelehrt, dass Sallust überall nach Inkonzinnität strebt? Hier erfahren wir, wie oft und wie geschickt Sallust auch konzinn ist. Wer verehrt nicht fromm das Behaghelsche Gesetz der wachsenden Glieder? Aus diesem Buch ergibt sich, dass dieses nicht nur häufig missachtet, sondern mitunter sogar ins Gegenteil verkehrt wird. Um es kurz zu sagen, wenn wir von Albrechts Führung folgen, dann lernen wir unsere Autoren so zu lesen, dass wir uns nicht in überkommenen Vorstellungen bestärken, sondern im Vertrauen auf unsere eigenen Augen alle Dinge so betrachten, als wären sie ganz neu und eben erst von uns entdeckt worden.
So freue ich mich, dass sich dieses Buch, das nicht nur den Fachgelehrten stets willkommen, sondern auch vielen Studenten der Klassischen Philologie oft hilfreich war, nun schon die vierte Auflage verdient hat. Vielen wird es nützen, alle erfreuen.