Wilfried Stroh

Laudatio von Dr. Marcus Junkelmann

Wie kein anderer deutscher Altertumswissenschaftler und wohl kaum ein anderer Historiker hat es Dr. Marcus Junkelmann in den vergangenen zwei Jahrzehnten verstanden, eine breite Öffentlichkeit für die Ergebnisse seiner vor allem das römische Militär betreffenden Arbeit zu interessieren und sie in gewissem Maß an dieser sogar zu beteiligen. Durch seine zum Teil spektakulären Unternehmungen, durch seine Bücher, Artikel und Filme hat er zur weltweiten Verbreitung des Konzepts einer "experimentellen Archäologie" beigetragen und gezeigt, dass seriöse historische Forschung nicht nur anschaulich und kurzweilig, sondern sogar für ein großes Publikum faszinierend sein kann.
Als der bis dahin vor allem als bayerischer Historiker des 17. - 19. Jahrhunderts ausgewiesene [Schriftenverzeichnis Nr. 1, 13, 22] Marcus Junkelmann im Mai 1985 mit sieben "Mitlegionären" von Rom bzw. Verona nach Augsburg aufbrach, um zur Erinnerung an den für seine Heimat so bedeutungsvollen Alpenfeldzug des Drusus und Tiberius (15 v. Chr.) mit Kettenhemd, Zelt und vollem Marschgepäck die Alpen zu überqueren und auf diese Weise experimentell die Lebensbedingungen eines römischen Soldaten zu erforschen, da hatte er mit ironischen Kommentaren nicht nur von Seiten der Fachgelehrten, sondern z.T. sogar der Boulevardpresse zu rechnen. Zu karnevalmäßig und klamaukhaft musste vielen das Unternehmen scheinen; und wer gar hörte, dass zur Finanzierung eines solchen historischen Mummenschanzes, dem nicht einmal die ihr 2000-jähriges Jubiläum feiernde Stadt Augsburg finanzielle Unterstützung geben wollte, eine reelle Eigentumswohnung verkauft worden sei, glaubte nicht ohne Grund, am Verstand des jungen Gelehrten zweifeln zu können - auch wenn diesem dann, ihren Stadtvätern zum Trotz, die Augsburger Bevölkerung auf Maximilianstraße und Rathausplatz einen fast schon im Wortsinn triumphalen Empfang bereitete. Die Spötter mussten endgültig verstummen, als ein Jahr später mit "Die Legionen des Augustus" [Schriftenverz. Nr. 2] die Dokumentation und Auswertung der Expedition erschien, ein Sachbuch, das in bisher kaum gekannter, höchst wirksamer Weise einen Erlebnis- und Abenteuerbericht mit nüchterner historisch-archäologischer Forschung vereinte. Klar war, dass ein großer Teil des hier Dargestellten nur auf dem Weg des persönlichen Experiments zu ermitteln gewesen war. Im übrigen sorgten die ebenso schlichte wie packende Art der Darstellung und die glänzende Bebilderung dafür, dass auch der völlige Laie sich angesprochen fühlen musste, umso mehr als ja auch die meisten der Mitmarschierer (die selber im Buch zu Worte kamen) Nichtfachleute, Nichtakademiker waren, die sich zunächst aus sehr verschiedenartigen Motiven beteiligt hatten - zuletzt dann freilich doch gemeinsam fasziniert von dem einzigartigen Erlebnis, gleichsam physisch in eine zweitausend Jahre zurückliegende Vergangenheit einzutauchen. Kein Wunder, dass das Buch trotz zunächst nur etwas griesgrämiger Anerkennung durch die zünftige Latinistik, die an den Showelementen des Unternehmens Anstoß nahm [Jörg Rüpke, Der Altsprachliche Unterricht 30, 3, 1987, 105-107] bzw. die Maßstäbe eines förmlichen Handbuchs anlegte [Ders., Mitteilungen des DAV 29, H. 4, 1987, 132-135], sogleich ein kleiner Bestseller wurde und bis heute mit mehreren Neuauflagen geblieben ist. Rudolf Pörtner, der Verfasser von "Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit", spendete der "wissenschaftlichen Novität" lebhafte Anerkennung (Geistige Welt 129, 1987); und ein Kritiker der Süddeutschen Zeitung (Kurt Kister 14. 4. 1987) urteilte schon damals: "Gäbe es einen Preis für ein Geschichtsbuch über die antike Welt, das Laien und Fachleute gleichermaßen anspricht, Markus Junkelmann hätte ihn mit ‚Die Legionen des Augustus‘ verdient."
Im übrigen brachte die Unternehmung Junkelmann eine rasche, unverächtliche Popularität. So hatte er in vielen Presse- und Rundfunkinterviews, auch etwa in einem Talkshowauftritt "Bei Bio" Gelegenheit, über seine Forschungen zu berichten; und vor allem verbreitete sich der damals ausgestrahlte ARD-Film "Als die Römer frech geworden" (trotz des etwas unseriösen Titels) in Mittschnittkopien geradezu epidemieartig über die deutschen Gymnasien, die Junkelmann dann auch bald zu Vorträgen und Vorführungen einluden, wobei die Impulse überraschenderweise mehr von den Latein- als den Geschichtslehrern ausgingen. Längst gilt er, der als eingefleischter Humanist in den Römern immer auch die Lateiner sieht (und deren Sprache für Kommandos und religiöse Zeremonien wirkungsvoll nutzt), in Bayern und weit darüber hinaus als  d a s  Zugpferd für den Lateinunterricht; ja er kann sogar Außenstehende dafür begeistern, Latein zu lernen, um tiefer in die ihnen von Junkelmann nahegebrachte Welt der Römer einzudringen.
Schon ein Jahr nach dem Alpenmarsch, 1986, begann Junkelmann, sich ein neues Gebiet zu erarbeiten: die römische Kavallerie. Dafür galt es vor allem Pferde zu finden, die den römischen entsprachen (dank einem Mäzen konnten die Anfänge des bald entstehenden ‚Gestüts‘ aus Camarguepferden finanziert werden); und er selbst, bisher ohne tieferen Bezug zu Tieren - sein Interesse ist hier wie in Bezug auf das Militärische überhaupt ein fast rein wissenschaftliches -, hatte Reitstunden zu nehmen, bald auch Rippenbrüche zu verkraften, um wiederum alle Forschungen am eigenen Leib durchführen zu können - nicht zu vergessen, auch an dem seiner Mitstreiter: Wie zuvor brachte es Junkelmann auch diesmal fertig, Nichtwissenschaftler für seine Arbeit zu interessieren und sie zu hohem persönlichen Einsatz und Opfern zu motivieren. Dem Alpenmarsch entsprechend war schon für 1988 ein großer Schottlandritt zum Hadrianswall geplant. Dieser erwies sich schließlich als nicht organisierbar, er wurde aber in den folgenden Jahren durch diverse, etwas kleinere Ritte dem Limes entlang (bis in die Niederlande) ersetzt. Vor allem im Zusammenhang mit diesen Reiterstudien begann Junkelmanns Kooperation zunächst mit Philipp Filtzingers Limesmuseum in Aalen - welcher Stadt seine Reitertruppe Ala II Flavia den Namen verdankt [Schriftenverz. Nr. 6, S. 83 ff., vgl. Nr. 21] -, dann auch mit manchen anderen Museen, die bei ihm seitdem vor allem Ausstellungsstücke bestellen, die er nach den Ergebnissen seiner Forschung von speziellen Mitarbeitern herstellen bzw. rekonstruieren lässt. Außerdem galten seine persönlichen Auftritte zu Pferd bzw. die Reiterspiele seiner Truppe viele Jahre hindurch als zugkräftige und schon fast unentbehrliche Bestandteile von Museumseinweihungen und ähnlichen Festivitäten: Wenn heute vor allem von archäologischen Institutionen wie (um nur wenige Beispiele zu nennen) dem Rheinischen Landesmuseum in Trier, dem Römerhaus in Augst oder den Archäologischen Parks in Xanten und Carnuntum regelmäßig Römerfeste bzw. Römertage veranstaltet werden - auch manche Lateingymnasien versuchen hier im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitzuhalten -, dann dürfte dies vor allem auch auf Junkelmanns begeisternde Initiative zurückzuführen sein.
Ihren wissenschaftlichen Niederschlag fanden diese kavalleristischen Forschungen in dem monumentalen, dreibändigen Werk "Die Reiter Roms" (1990-1992) [Schriftenverz. Nr. 5 - 7], das, wenn es auch in etwas geringerem Maß von der Sensation des Abenteuers lebt als das frühere und zugleich dezidiert ,wissenschaftlicher‘ (mit Quellennachweisen, gelehrter Auseinandersetzung usw.) angelegt ist, doch vom Publikum wie von der Fachkritik mit einhelligem Beifall aufgenommen wurde - und mit einer Bewunderung, die sich bis zur Prophetie steigerte, diese Bücher würden "auch noch in 100 Jahren das Standardwerk zur römischen Reiterei sein" (Meinhard-Wilhelm Schulz, Geschichte, Politik und ihre Didaktik 25, 3-4, 1997, 298)! Aufsehen erregte bei Fachleuten vor allem, was Junkelmann, besonders im dritten Band, der noch mehr als die vorhergehenden die aus seiner Praxis resultierenden neuen Erkenntnisse enthält, etwa über die Form des Sattels und über die Bedeutung des (den Römern unbekannten, in seiner Wichtigkeit für die Neuzeit weit überschätzten) Steigbügels ermittelt hatte; der Laie durfte sich daneben aber auch über ebenso faszinierende wie wohldokumentierte Erlebnisbilder etwa von einer transvectio equitum auf dem Forum (Bd. 1, 15 ff.), von Wagenrennen im Circus (Bd. 1, 89 ff.) oder dem turnierartigen lusus Troiae der römischen Jugend (Bd. 2, 142 ff.) freuen. Wieder trug auch das Fernsehen zur Verbreitung der Ergebnisse bei: Mit dem zweiteiligen ZDF-Film "Die Reiter des Imperium" gelang Lothar Spree eine eindrucks- und stimmungsvolle Dokumentation. Junkelmanns Publikationen auf dem Gebiet der experimentellen römischen Archäologie wurden unterbrochen durch zwei Auftragsarbeiten zum Dreißigjährigen Krieg ("Gustav Adolf" [Schriftenverz. Nr. 8]) und zum mittelalterlichen Turnierwesen ("Dollinger", [Nr. 9]) - in diesen Bereich gehörten auch die Gestaltung der Pappenheimfestspiele 1994 und die historische Betreuung eines Regensburger Festspiels (mit Reiterkampf) 1995 -; dann konnte er 1996/97 seine römischen Reiterforschungen mit einem prachtvollen Bildband über die von ihm jahrelang erprobten römischen Paraderüstungen ("Reiter wie Statuen aus Erz", [Schriftenverz. Nr. 10] und der Erstpublikation der einschlägigen Rüstungen aus der Sammlung von Axel Guttmann [Schriftenverz. Nr. 11 und 14] abschließen: Der Archäologische Park Carnuntum verdankt Junkelmann eine in diesem Zusammenhang entstandene komplette Prunkrüstung für Ross und Reiter.
Neben das Interesse an römischem Militär und Reiterwesen trat bei Junkelmann, der auch ein begabter Koch ist, eine zunehmende Freude an der römischen Kochkunst, nicht nur an der verfeinerten haute cuisine im berühmten Kochbuch des Apicius (das z. Zt. auch manchen lateinischen Kollegiatenkurs am Gymnasium begeistert), sondern auch gerade an der ursprünglich römischen, vorhellenistischen Küche. In Erweiterung eines einschlägigen Vortrags über "Die Ernährung des römischen Heeres" [Schriftenverz. Nr. 27] entstand das Buch, das nach Kunst der Darstellung und Vielgestaltigkeit alle seine bisherigen Werke übertraf: "Panis militaris" [Schriftenverz. Nr. 12]. Zentriert um das Problem der militärischen Ernährung gibt Junkelmann hier eine spannend zu lesende Gesamtdarstellung der Logistik des römischen Heers, wobei ein souveräner historischer Überblick über die Expansion des Weltreichs (S. 34 ff.) so wenig fehlt wie etwa die detaillierte ernährungsgeschichtliche Auswertung eines Latrinenfundes aus römischer Zeit (S. 26 ff.). Das erste Kapitel mit der Beschreibung des unter seinen Soldaten eigenhändig brotbackenden Kaisers ist als echter teaser ein Glanzstück suggestiver historischer Erzählkunst. Zum ersten Mal gibt Junkelmann seinem Leser mit diesem Buch auch Gelegenheit, das archäologisch-gastronomische Experiment im häuslichen Selbstversuch weiterzuführen: Seine Anleitung zur Realisierung von 34 (mit Bedacht) ausgewählten Kochrezepten (nicht nur des Apicius) wird vom Publikum mit besonderer Dankbarkeit aufgenommen, da hier ein wirklich repräsentativer Eindruck von der Bandbreite der für unseren Geschmack (mit viel Kräutern, Honig, Obst und Fischsauce) stets überraschenden römischen Küche entsteht. Da Junkelmanns Wirtsleute auf Schloss Ratzenhofen, wo er zur Miete wohnt, einen Gasthof betreiben, hat er nicht nur die Möglichkeit, bei seinen regelmäßigen lokalen Römerfesten einzelne römische Speisen zu reichen, sondern auch in Spezialveranstaltungen gegen hundert Besuchern mehrstündige Großmenus zu präsentieren und zu erläutern. (Ähnliche Darbietungen macht er auch für Museen.) Obwohl sich diese zu den kulinarischen Höhepunkten römischer Gastronomie steigern, beginnen sie doch regelmäßig mit Getreidebrei und Schwarzbrot des Legionärs und dem von Pseudovergil in Hexametern besungenen rustikalen "Käsknoblauchgericht" (Moretum), dessen Zubereitung Junkelmann gerne zum begleitenden Dichterwort auch szenisch vorführen lässt. (Diesem wegen seines Realismus einzigartigen Werk der römischen Literatur will er auch eine Monographie widmen.) Im übrigen bleibt er hier bei den Römern nicht stehen, sondern dehnt seit längerer Zeit seine gastronomischen Experimente erfolgreich auf die Küche von Mittelalter und früher Neuzeit aus: Etwa bei der Einweihung des Historicum der Universität München im Herbst 1999 hatte er gegen tausend Besucher mit antiken wie "barocken" Gerichten zu versorgen.
Aber alle diese Unternehmungen Junkelmanns dürften, sowohl was ihre wissenschaftliche Bedeutung als auch was die Publikumswirksamkeit angeht, in den Schatten gestellt werden durch seine seit 1997 in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Landesmuseum Trier betriebenen Forschungen zur römischen Gladiatur, die sich in Ausstellungsbeiträgen (Schriftenverz. Nr. 33) und einer großen Monographie "Das Spiel mit dem Tod" (Schriftenverz. Nr. 15) niedergeschlagen haben. Während sich die Wissenschaft auf diesem Gebiet lange damit begnügt hatte, die literarische, epigraphische und bildliche Tradition aufzuarbeiten, ohne auch nur die erhaltenen Fundstücke an Waffen, Helmen etc. genügend zu analysieren, konnte jetzt Junkelmann durch die konsequente Auswertung des Erhaltenen und die darauf fußende Rekonstruktion von Ausrüstung und Kampfweise ein geradezu völliges Neuland erschließen, wie dies auch von der internationalen Forschung neidlos anerkannt wurde (man vergleiche etwa die dieser Laudatio beiliegende Stellungnahme der Harvardprofessorin Kathleen Coleman). Und wieder vermittelt sein opulent illustriertes Buch die neuen Erkenntnisse in suggestiver, den Leser vom ersten Satz an in Bann schlagender Darstellung. Ausgehend von dem in diesem Jahr (2000) rasch weltberühmt gewordenen, mit fünf Oscars gekrönten "Gladiator"-Film Ridley Scotts, dessen sachliche Schwächen Junkelmann ohne banausische Pedanterie, aber doch detailliert aufdeckt, entwirft er zunächst ein faszinierendes Gesamtbild des römischen Gladiators, der zugleich sozialer Outcast und Publikumsliebling, je wegen seiner echt römischen Todesverachtung sogar moralisches Vorbild bei Rednern und Philosophen ist; er grenzt in fast beklemmender Darstellung die grundsätzliche Eigenart des tödlichen gladiatorischen Zweikampfs von anderen Formen blutiger Auseinandersetzung wie dem Boxkampf, dem Turnier oder Duell ab, um dann, nach Diskussion der vielerörterten Ursprungsfrage, die verschiedenen Kämpfertypen und ihre Kampfarten in einer bisher nicht einmal angestrebten realitätsgesättigten Detailliertheit vorzustellen. Dabei kommen am Schluss auch diejenigen Akteure zu Wort, die als jahrelange Hobbygladiatoren Junkelmanns Forschungen hier mit großem Mut und physischen Einsatz erst möglich gemacht haben. Ebenso wie sie die von Junkelmann ausgehende Faszination bezeugen, so tun es auch diejenigen Besucher seiner einschlägigen Vorträge, die sich von ihm oft in knappster Zeit vor dem jeweiligen Vortrag als Kämpfer ausrüsten und für kleine Schaukämpfe ‚ausbilden‘ lassen. Im übrigen erstreckt sich Junkelmanns Interesse an römischen ludi auch auf Sport und vor allem Wagenrennen, wie andere Publikationen bezeugen (Schriftenverz. Nr. 35 und Nr. 33). Um Elemente dieser Spiele in authentischer Weise wieder lebendig werden zu lassen, beteiligt er sich zur Zeit (2005/6) an den Planungen eines "Limesparks" im fränkischen Ellingen: Sollten sich hier Junkelmanns Vorstellungen gegen die anderer Beteiligter (die eher an ein römisches Disneyland denken) durchsetzen, so könnte hier eine archäologische Novität von weltweiter Ausstrahlung entstehen.
Ridley Scotts „Gladiator“ gab nicht nur einen ‚Aufhänger’ für Junkelmanns (längst geplante und vorbereitete) Darstellung der römischen Gladiatur, dieser Film wurde auch Anlass zu Junkelmanns letztem umfangreichen Buch, mit dem er sich auf ein völlig neues Terrain gewagt hat: „Hollywoods Traum von Rom“ [Nr. 17]. Entstanden ist hier die bisher größte und am tiefsten dringende Darstellung des sogenannten Sandalenfilms, der nach seinem Scheintod im Jahr 1964 dreieinhalb Jahrzehnte später eben mit „Gladiator“ eine unerwartete Auferstehung erlebte, von der wir in Kino und Fernsehen zur Zeit ständig Zeuge sind. Junkelmann leitet diesen modernen Monumentalfilm überzeugend aus der Historienmalerei und dem geschichtlichen Roman des 19. Jahrhunderts her und es gelingt ihm, der fast ebenso so leidenschaftlicher Cineast wie Historiker ist, die Versäumnisse dieses Films gegenüber der historischen Wirklichkeit ans Licht zu stellen, ohne darüber dem Kunstcharakter des Films, der in gewissem Maß befugt ist, sich eine eigene Wirklichkeit zu schaffen, Unrecht zu tun: Auch wenn etwa in dem berühmten Wagenrennen von „Ben Hur“ fast alle Details falsch sind (vgl. bes. auch Schriftenverz. Nr. 33), sei dort doch Geist und Atmosphäre der römischen circenses letztlich einzigartig getroffen. Hinter Junkelmanns höchst gelehrten, immer aber auch humorvollen und stilistisch brillanten Darlegungen, steht dabei ein Appell an die Filmschaffenden, nicht vorschnell dies und das für filmisch notwendig zu erklären – wodurch dann meist nur aus Filmen schon bekannte Klischees über die Römer weitergeschleppt werden -, sondern immer auch zu überlegen, ob nicht die Wirklichkeit gerade für den Film letztlich sogar noch interessanter wäre. So übt Junkelmann auch höchst berechtigte Kritik an der Gewohnheit, immer wieder dieselben Themen (Kleopatra usw.) zu repetieren, statt die vielen anderen interessanten Stoffe zu heben, die in der römischen Geschichte noch verborgen sind. Wer sie zum Thema eines Films macht, hat, wie Junkelmann sieht, eine Arbeit zu leisten, die von der des Historikers nicht einmal völlig verschieden ist, denn auch dieser kann ja das Gewesene nicht einfach abbilden, sondern muss raffen, Schwerpunkte setzen und Zusammenhänge verdeutlichen. Gerade auch wegen dieser klug abwägenden Position hat das Buch bei fast allen der zahlreichen Rezensenten Anerkennung, ja begeisterte Zustimmung gefunden.als eine "quicklebendige, gut fassliche und zugleich anspruchsvolle Publikation von Rang" (so der Filmspezialist Michael Boldhaus, in: http://www.cinemusic.de/rezension.htm?rid=2270).
Wenn es auch die Römerunternehmungen sind, die Junkelmann vor allem und zu Recht bekannt gemacht haben, so versteht er sich doch als ein Kultur- und vor allem Militärhistoriker für alle Epochen (mit Ausnahme unseres zu Ende gehenden Jahrhunderts, dessen Kriegsführung ihm nach privatem Bekenntnis widerwärtig ist). Seine beiden Bände über den amerikanischen Bürgerkrieg [Schriftenverz. Nr. 3 und 4], seit längerem vergriffen, bieten nicht nur wegen des einzigartigen Fotomaterials eine gerade für den Laien höchst instruktive Lektüre. Nicht minder fesselnd ist das (auch ins Schwedische übersetzte) Buch über Gustav Adolf [Nr. 8], welches Junkelmann, wenn möglich, durch ein entsprechendes Werk über Gustav Adolfs Gegenspieler Tilly ergänzen sollte (einen Vorgeschmack gibt die inhaltsreiche, in der historischen Literatur heute für grundlegend angesehene Skizze Nr. 22). Auch seine Auseinandersetzung mit der ethischen Problematik des Kriegs überhaupt (dokumentiert vor allem in dem ausgreifenden Aufsatz über "Gottes Kriege, Gottes Siege" [Nr. 25]) würde ein umfassende monographische Darstellung verdienen, ebenso die Weltgeschichte des Soldatentums. Ein das Militärhistorische weit überschreitendes Geschichtswerk ist Junkelmanns erste Buchpublikation "Napoleon und Bayern" [Nr. 1], eine vorzügliche Analyse der Epoche, die wie keine andere für das heutige säkularisierte, aber dem Alten doch immer noch sehnsüchtig verbundene Bayern prägend war. Schon dieses Buch, das mit einer eindrucksvollen Gemäldebeschreibung beginnt, zeigt Junkelmanns besondere Kunst, Bilder nicht nur zur Illustration eines Texts heranzuziehen, sondern von ihnen ausgehend und aus ihnen heraus geschichtliche Kräfte sichtbar zu machen. So ist es ein wenig zu bedauern, dass Junkelmanns Doktordissertation über Kurfürst Max Emanuel [Nr. 13], obschon sie von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften für ihre Veröffentlichungen vorgesehen war, erst im Frühjahr 2000 als fotomechanischer Nachdruck der Urfassung (von 1979) zum Druck gekommen ist.(Der Verfasser ist hier der Dynamik seiner eigenen Unternehmungen, die ja immer auch finanziert werden mussten, zum Opfer gefallen.) Wie gründlich er aber auch auf dem Gebiet dieser seiner wissenschaftlichen Erstlingsarbeit weiterhin tätig geblieben ist, wird eindrucksvoll bewiesen durch sein neues Buch über die Schlacht von Höchstädt [Nr. 16], in dem die ganze neuere Literatur zu Max Emanuel aufgearbeitet ist; diesem Buch ist, neben einigen weiteren Arbeiten auch zu Spezialproblemen [Nr. 39-41] in den "Heften zur Bayerischen Geschichte und Kultur" eine populäre, herrlich bebilderte Behandlung desselben Themas gefolgt [Nr. 18]. Ein Kabinettstück historischer Porträtkunst ist schließlich der Vortrag über Max Emanuel, den Junkelmann im Rahmen der bavaristischen Ringvorlesung unserer Münchner Universität gehalten hat [Nr. 36]. Zusammen mit den bayerischen Landeshistorikern der Universität hat er nun auch das Konzept der sechs Dokumentarfilme erarbeitet, die das Bayerische Fernsehen zum Jubiläum des Königreichs Bayern (1806 – 2006) im kommenden Jahr ausstrahlen wird.
Von Marcus Junkelmann ist, auch wenn und gerade wenn er als nunmehr Mittfünfziger sein Leben in Zukunft etwas ruhiger anzulegen gedenkt, für die Wissenschaft noch Vieles und Großes zu erwarten, vielleicht auch im Bereich der akademischen Lehre – viele Jahre war er an unserem Philologischen Seminar Lehrbeauftragter für römische Kulturgeschichte - und hoffentlich besonders als Verfasser des längst überfälligen neuen "Kriegswesens der Griechen und Römer" (denn das letzte einschlägige deutsche Handbuch, von Kromayer-Veith, stammt von 1928). Vorläufig steht Junkelmanns Name, wie schon öfter festgestellt, für den Begriff der "experimentellen Archäologie", der, wenn auch von ihm wohl nicht gerade erfunden, sich doch vor allem im Zusammenhang seiner Unternehmungen überall, zumindest in den europäischen Sprachen, verbreitet hat. Äußerlich gesehen war ja seine 1985 (als Teil der Legio XXI Rapax) gebildete Römergruppe, die bald in der Ala II Flavia ihre Nachfolgerin fand, nur gewissermaßen ein antikes Gegenstück zu den vielen amerikanischen Militärgruppen, die sich in den Sechziger Jahren zum hundertjährigen Jubiläum des Bürgerkriegs (unter den Schlagwörtern "reenactment" und "living history") gebildet hatten, vielleicht auch der "Ermine Street Guard", die als Abteilung der legio XX Valeria Victrix in England seit 1972 Anschauungsunterricht zum römischen Militär vermittelt. Fundamental verschieden von diesen wie auch von den meisten Römergruppen, die im Gefolge von Junkelmann selber weltweit (bis nach Amerika, Russland, ja Australien) entstanden sind (vgl. Junkelmanns eigenen wissenschaftsgeschichtlichen Beitrag in Schriftenverz. Nr. 37) - bereits das Jahr 1999 brachte ein "First International Meeting of Roman Groups" (bzw. "International Conference of Experimental Archaeology") in Villadose (Italien) -, ist die strikt wissenschaftliche Ausrichtung seines Unternehmens, durch das ja nicht nur Historisches veranschaulicht, sondern historische Erkenntnis allererst gewonnen werden soll und das dementsprechend nach einer klaren Versuchsanordnung abläuft. Als experimentierender Geschichtswissenschaftler erfüllt er Postulate, wie sie schon am Anfang des zwanzigsten  Jahrhunderts der Historiker Hans Delbrück für die Militärgeschichte aufgestellt und wie sie auf anderem Gebiet etwa, noch spektakulärer, 1947 Thor Heyerdahl verwirklicht hat. Dazu kommt als ein besonderes Spezifikum, dass Junkelmann im Gegensatz zu anderen bis in die Details seiner ‚Requisiten‘ hinein kompromisslos auf Echtheit dringt (selbst etwa ein neben anderen Gaben bei einem römischen Opfer verbranntes Brot ist von ihm eigenhändig nach römischem Rezept für libum gebacken). Es dürfte auch dieses weniger von ihm selbst propagierte als von der Öffentlichkeit instinktiv gefühlte Streben nach völliger Authentizität sein, das ihm seine von keinem Nachahmer erreichte Publikumswirksamkeit und Popularität verschafft.