Wie kein anderer deutscher Altertumswissenschaftler und wohl kaum
ein
anderer Historiker hat es Dr. Marcus Junkelmann in den vergangenen zwei
Jahrzehnten
verstanden, eine breite Öffentlichkeit für die Ergebnisse
seiner
vor allem das römische Militär betreffenden Arbeit zu
interessieren
und sie in gewissem Maß an dieser sogar zu beteiligen. Durch
seine
zum Teil spektakulären Unternehmungen, durch seine Bücher,
Artikel
und Filme hat er zur weltweiten Verbreitung des Konzepts einer
"experimentellen
Archäologie" beigetragen und gezeigt, dass seriöse
historische
Forschung nicht nur anschaulich und kurzweilig, sondern sogar für
ein
großes Publikum faszinierend sein kann.
Als der bis dahin vor allem als bayerischer Historiker des 17. - 19.
Jahrhunderts
ausgewiesene [Schriftenverzeichnis Nr. 1, 13, 22] Marcus Junkelmann im
Mai
1985 mit sieben "Mitlegionären" von Rom bzw. Verona nach Augsburg
aufbrach,
um zur Erinnerung an den für seine Heimat so bedeutungsvollen
Alpenfeldzug
des Drusus und Tiberius (15 v. Chr.) mit Kettenhemd, Zelt und vollem
Marschgepäck
die Alpen zu überqueren und auf diese Weise experimentell die
Lebensbedingungen
eines römischen Soldaten zu erforschen, da hatte er mit ironischen
Kommentaren
nicht nur von Seiten der Fachgelehrten, sondern z.T. sogar der
Boulevardpresse
zu rechnen. Zu karnevalmäßig und klamaukhaft musste vielen
das
Unternehmen scheinen; und wer gar hörte, dass zur Finanzierung
eines
solchen historischen Mummenschanzes, dem nicht einmal die ihr
2000-jähriges
Jubiläum feiernde Stadt Augsburg finanzielle Unterstützung
geben
wollte, eine reelle Eigentumswohnung verkauft worden sei, glaubte nicht
ohne
Grund, am Verstand des jungen Gelehrten zweifeln zu können - auch
wenn
diesem dann, ihren Stadtvätern zum Trotz, die Augsburger
Bevölkerung
auf Maximilianstraße und Rathausplatz einen fast schon im
Wortsinn
triumphalen Empfang bereitete. Die Spötter mussten endgültig
verstummen,
als ein Jahr später mit "Die Legionen des Augustus"
[Schriftenverz.
Nr. 2] die Dokumentation und Auswertung der Expedition erschien, ein
Sachbuch,
das in bisher kaum gekannter, höchst wirksamer Weise einen
Erlebnis-
und Abenteuerbericht mit nüchterner
historisch-archäologischer
Forschung vereinte. Klar war, dass ein großer Teil des hier
Dargestellten
nur auf dem Weg des persönlichen Experiments zu ermitteln gewesen
war.
Im übrigen sorgten die ebenso schlichte wie packende Art der
Darstellung
und die glänzende Bebilderung dafür, dass auch der
völlige
Laie sich angesprochen fühlen musste, umso mehr als ja auch die
meisten
der Mitmarschierer (die selber im Buch zu Worte kamen) Nichtfachleute,
Nichtakademiker
waren, die sich zunächst aus sehr verschiedenartigen Motiven
beteiligt
hatten - zuletzt dann freilich doch gemeinsam fasziniert von dem
einzigartigen
Erlebnis, gleichsam physisch in eine zweitausend Jahre
zurückliegende
Vergangenheit einzutauchen. Kein Wunder, dass das Buch trotz
zunächst
nur etwas griesgrämiger Anerkennung durch die zünftige
Latinistik,
die an den Showelementen des Unternehmens Anstoß nahm [Jörg
Rüpke,
Der Altsprachliche Unterricht 30, 3, 1987, 105-107] bzw. die
Maßstäbe
eines förmlichen Handbuchs anlegte [Ders., Mitteilungen des DAV
29, H. 4, 1987, 132-135], sogleich ein kleiner Bestseller wurde und bis
heute mit mehreren Neuauflagen geblieben ist. Rudolf Pörtner, der
Verfasser
von "Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit", spendete der
"wissenschaftlichen
Novität" lebhafte Anerkennung (Geistige Welt 129, 1987);
und
ein Kritiker der Süddeutschen Zeitung (Kurt Kister 14. 4.
1987)
urteilte schon damals: "Gäbe es einen Preis für ein
Geschichtsbuch
über die antike Welt, das Laien und Fachleute gleichermaßen
anspricht,
Markus Junkelmann hätte ihn mit ‚Die Legionen des Augustus‘
verdient."
Im übrigen brachte die Unternehmung Junkelmann eine rasche,
unverächtliche
Popularität. So hatte er in vielen Presse- und Rundfunkinterviews,
auch
etwa in einem Talkshowauftritt "Bei Bio" Gelegenheit, über seine
Forschungen
zu berichten; und vor allem verbreitete sich der damals ausgestrahlte
ARD-Film
"Als die Römer frech geworden" (trotz des etwas unseriösen
Titels)
in Mittschnittkopien geradezu epidemieartig über die deutschen
Gymnasien,
die Junkelmann dann auch bald zu Vorträgen und Vorführungen
einluden,
wobei die Impulse überraschenderweise mehr von den Latein- als den
Geschichtslehrern
ausgingen. Längst gilt er, der als eingefleischter Humanist in den
Römern
immer auch die Lateiner sieht (und deren Sprache für Kommandos und
religiöse
Zeremonien wirkungsvoll nutzt), in Bayern und weit darüber hinaus
als
d a s Zugpferd für den Lateinunterricht; ja er kann sogar
Außenstehende
dafür begeistern, Latein zu lernen, um tiefer in die ihnen von
Junkelmann
nahegebrachte Welt der Römer einzudringen.
Schon ein Jahr nach dem Alpenmarsch, 1986, begann Junkelmann, sich ein
neues
Gebiet zu erarbeiten: die römische Kavallerie. Dafür galt es
vor
allem Pferde zu finden, die den römischen entsprachen (dank einem
Mäzen
konnten die Anfänge des bald entstehenden ‚Gestüts‘ aus
Camarguepferden
finanziert werden); und er selbst, bisher ohne tieferen Bezug zu Tieren
-
sein Interesse ist hier wie in Bezug auf das Militärische
überhaupt
ein fast rein wissenschaftliches -, hatte Reitstunden zu nehmen, bald
auch
Rippenbrüche zu verkraften, um wiederum alle Forschungen am
eigenen
Leib durchführen zu können - nicht zu vergessen, auch an dem
seiner
Mitstreiter: Wie zuvor brachte es Junkelmann auch diesmal fertig,
Nichtwissenschaftler
für seine Arbeit zu interessieren und sie zu hohem
persönlichen
Einsatz und Opfern zu motivieren. Dem Alpenmarsch entsprechend war
schon
für 1988 ein großer Schottlandritt zum Hadrianswall geplant.
Dieser
erwies sich schließlich als nicht organisierbar, er wurde aber in
den
folgenden Jahren durch diverse, etwas kleinere Ritte dem Limes entlang
(bis
in die Niederlande) ersetzt. Vor allem im Zusammenhang mit diesen
Reiterstudien
begann Junkelmanns Kooperation zunächst mit Philipp Filtzingers
Limesmuseum
in Aalen - welcher Stadt seine Reitertruppe Ala II Flavia den
Namen
verdankt [Schriftenverz. Nr. 6, S. 83 ff., vgl. Nr. 21] -, dann auch
mit
manchen anderen Museen, die bei ihm seitdem vor allem
Ausstellungsstücke
bestellen, die er nach den Ergebnissen seiner Forschung von speziellen
Mitarbeitern
herstellen bzw. rekonstruieren lässt. Außerdem galten seine
persönlichen
Auftritte zu Pferd bzw. die Reiterspiele seiner Truppe viele Jahre
hindurch
als zugkräftige und schon fast unentbehrliche Bestandteile von
Museumseinweihungen
und ähnlichen Festivitäten: Wenn heute vor allem von
archäologischen
Institutionen wie (um nur wenige Beispiele zu nennen) dem Rheinischen
Landesmuseum
in Trier, dem Römerhaus in Augst oder den Archäologischen
Parks
in Xanten und Carnuntum regelmäßig Römerfeste bzw.
Römertage
veranstaltet werden - auch manche Lateingymnasien versuchen hier im
Rahmen
ihrer Möglichkeiten mitzuhalten -, dann dürfte dies vor allem
auch
auf Junkelmanns begeisternde Initiative zurückzuführen sein.
Ihren wissenschaftlichen Niederschlag fanden diese kavalleristischen
Forschungen
in dem monumentalen, dreibändigen Werk "Die Reiter Roms"
(1990-1992)
[Schriftenverz. Nr. 5 - 7], das, wenn es auch in etwas geringerem
Maß
von der Sensation des Abenteuers lebt als das frühere und zugleich
dezidiert
,wissenschaftlicher‘ (mit Quellennachweisen, gelehrter
Auseinandersetzung
usw.) angelegt ist, doch vom Publikum wie von der Fachkritik mit
einhelligem
Beifall aufgenommen wurde - und mit einer Bewunderung, die sich bis zur
Prophetie
steigerte, diese Bücher würden "auch noch in 100 Jahren das
Standardwerk
zur römischen Reiterei sein" (Meinhard-Wilhelm Schulz, Geschichte,
Politik und ihre Didaktik 25, 3-4, 1997, 298)! Aufsehen erregte bei
Fachleuten
vor allem, was Junkelmann, besonders im dritten Band, der noch mehr als
die
vorhergehenden die aus seiner Praxis resultierenden neuen Erkenntnisse
enthält,
etwa über die Form des Sattels und über die Bedeutung des
(den
Römern unbekannten, in seiner Wichtigkeit für die Neuzeit
weit
überschätzten) Steigbügels ermittelt hatte; der Laie
durfte
sich daneben aber auch über ebenso faszinierende wie
wohldokumentierte
Erlebnisbilder etwa von einer transvectio equitum auf dem Forum
(Bd.
1, 15 ff.), von Wagenrennen im Circus (Bd. 1, 89 ff.) oder dem
turnierartigen
lusus Troiae der römischen Jugend (Bd. 2, 142 ff.) freuen.
Wieder
trug auch das Fernsehen zur Verbreitung der Ergebnisse bei: Mit dem
zweiteiligen
ZDF-Film "Die Reiter des Imperium" gelang Lothar Spree eine eindrucks-
und
stimmungsvolle Dokumentation. Junkelmanns Publikationen auf dem Gebiet
der
experimentellen römischen Archäologie wurden unterbrochen
durch
zwei Auftragsarbeiten zum Dreißigjährigen Krieg ("Gustav
Adolf"
[Schriftenverz. Nr. 8]) und zum mittelalterlichen Turnierwesen
("Dollinger",
[Nr. 9]) - in diesen Bereich gehörten auch die Gestaltung der
Pappenheimfestspiele
1994 und die historische Betreuung eines Regensburger Festspiels (mit
Reiterkampf)
1995 -; dann konnte er 1996/97 seine römischen Reiterforschungen
mit
einem prachtvollen Bildband über die von ihm jahrelang erprobten
römischen
Paraderüstungen ("Reiter wie Statuen aus Erz", [Schriftenverz. Nr.
10]
und der Erstpublikation der einschlägigen Rüstungen aus der
Sammlung
von Axel Guttmann [Schriftenverz. Nr. 11 und 14] abschließen: Der
Archäologische
Park Carnuntum verdankt Junkelmann eine in diesem Zusammenhang
entstandene
komplette Prunkrüstung für Ross und Reiter.
Neben das Interesse an römischem Militär und Reiterwesen trat
bei
Junkelmann, der auch ein begabter Koch ist, eine zunehmende Freude an
der
römischen Kochkunst, nicht nur an der verfeinerten haute
cuisine im berühmten Kochbuch des Apicius (das z. Zt. auch
manchen lateinischen
Kollegiatenkurs am Gymnasium begeistert), sondern auch gerade an der
ursprünglich
römischen, vorhellenistischen Küche. In Erweiterung eines
einschlägigen
Vortrags über "Die Ernährung des römischen Heeres"
[Schriftenverz.
Nr. 27] entstand das Buch, das nach Kunst der Darstellung und
Vielgestaltigkeit
alle seine bisherigen Werke übertraf: "Panis militaris"
[Schriftenverz.
Nr. 12]. Zentriert um das Problem der militärischen Ernährung
gibt
Junkelmann hier eine spannend zu lesende Gesamtdarstellung der Logistik
des
römischen Heers, wobei ein souveräner historischer
Überblick
über die Expansion des Weltreichs (S. 34 ff.) so wenig fehlt wie
etwa
die detaillierte ernährungsgeschichtliche Auswertung eines
Latrinenfundes
aus römischer Zeit (S. 26 ff.). Das erste Kapitel mit der
Beschreibung
des unter seinen Soldaten eigenhändig brotbackenden Kaisers ist
als
echter teaser ein Glanzstück suggestiver historischer
Erzählkunst.
Zum ersten Mal gibt Junkelmann seinem Leser mit diesem Buch auch
Gelegenheit,
das archäologisch-gastronomische Experiment im häuslichen
Selbstversuch
weiterzuführen: Seine Anleitung zur Realisierung von 34 (mit
Bedacht)
ausgewählten Kochrezepten (nicht nur des Apicius) wird vom
Publikum
mit besonderer Dankbarkeit aufgenommen, da hier ein wirklich
repräsentativer
Eindruck von der Bandbreite der für unseren Geschmack (mit viel
Kräutern,
Honig, Obst und Fischsauce) stets überraschenden römischen
Küche
entsteht. Da Junkelmanns Wirtsleute auf Schloss Ratzenhofen, wo er zur
Miete
wohnt, einen Gasthof betreiben, hat er nicht nur die Möglichkeit,
bei
seinen regelmäßigen lokalen Römerfesten einzelne
römische
Speisen zu reichen, sondern auch in Spezialveranstaltungen gegen
hundert
Besuchern mehrstündige Großmenus zu präsentieren und zu
erläutern.
(Ähnliche Darbietungen macht er auch für Museen.) Obwohl sich
diese
zu den kulinarischen Höhepunkten römischer Gastronomie
steigern,
beginnen sie doch regelmäßig mit Getreidebrei und
Schwarzbrot
des Legionärs und dem von Pseudovergil in Hexametern besungenen
rustikalen
"Käsknoblauchgericht" (Moretum), dessen Zubereitung
Junkelmann
gerne zum begleitenden Dichterwort auch szenisch vorführen
lässt.
(Diesem wegen seines Realismus einzigartigen Werk der römischen
Literatur
will er auch eine Monographie widmen.) Im übrigen bleibt er hier
bei
den Römern nicht stehen, sondern dehnt seit längerer Zeit
seine
gastronomischen Experimente erfolgreich auf die Küche von
Mittelalter
und früher Neuzeit aus: Etwa bei der Einweihung des Historicum der
Universität
München im Herbst 1999 hatte er gegen tausend Besucher mit antiken
wie
"barocken" Gerichten zu versorgen.
Aber alle diese Unternehmungen Junkelmanns dürften, sowohl was
ihre
wissenschaftliche Bedeutung als auch was die Publikumswirksamkeit
angeht,
in den Schatten gestellt werden durch seine seit 1997 in Zusammenarbeit
mit
dem Rheinischen Landesmuseum Trier betriebenen Forschungen zur
römischen
Gladiatur, die sich in Ausstellungsbeiträgen (Schriftenverz. Nr.
33)
und einer großen Monographie "Das Spiel mit dem Tod"
(Schriftenverz.
Nr. 15) niedergeschlagen haben. Während sich die Wissenschaft auf
diesem
Gebiet lange damit begnügt hatte, die literarische, epigraphische
und
bildliche Tradition aufzuarbeiten, ohne auch nur die erhaltenen
Fundstücke
an Waffen, Helmen etc. genügend zu analysieren, konnte jetzt
Junkelmann
durch die konsequente Auswertung des Erhaltenen und die darauf
fußende
Rekonstruktion von Ausrüstung und Kampfweise ein geradezu
völliges
Neuland erschließen, wie dies auch von der internationalen
Forschung
neidlos anerkannt wurde (man vergleiche etwa die dieser Laudatio
beiliegende
Stellungnahme der Harvardprofessorin Kathleen Coleman). Und wieder
vermittelt
sein opulent illustriertes Buch die neuen Erkenntnisse in suggestiver,
den
Leser vom ersten Satz an in Bann schlagender Darstellung. Ausgehend von
dem
in diesem Jahr (2000) rasch weltberühmt gewordenen, mit fünf
Oscars
gekrönten "Gladiator"-Film Ridley Scotts, dessen sachliche
Schwächen
Junkelmann ohne banausische Pedanterie, aber doch detailliert aufdeckt,
entwirft
er zunächst ein faszinierendes Gesamtbild des römischen
Gladiators,
der zugleich sozialer Outcast und Publikumsliebling, je wegen seiner
echt
römischen Todesverachtung sogar moralisches Vorbild bei Rednern
und
Philosophen ist; er grenzt in fast beklemmender Darstellung die
grundsätzliche
Eigenart des tödlichen gladiatorischen Zweikampfs von anderen
Formen
blutiger Auseinandersetzung wie dem Boxkampf, dem Turnier oder Duell
ab,
um dann, nach Diskussion der vielerörterten Ursprungsfrage, die
verschiedenen
Kämpfertypen und ihre Kampfarten in einer bisher nicht einmal
angestrebten
realitätsgesättigten Detailliertheit vorzustellen. Dabei
kommen
am Schluss auch diejenigen Akteure zu Wort, die als jahrelange
Hobbygladiatoren
Junkelmanns Forschungen hier mit großem Mut und physischen
Einsatz
erst möglich gemacht haben. Ebenso wie sie die von Junkelmann
ausgehende
Faszination bezeugen, so tun es auch diejenigen Besucher seiner
einschlägigen
Vorträge, die sich von ihm oft in knappster Zeit vor dem
jeweiligen
Vortrag als Kämpfer ausrüsten und für kleine
Schaukämpfe
‚ausbilden‘ lassen. Im übrigen erstreckt sich Junkelmanns
Interesse
an römischen ludi auch auf Sport und vor allem
Wagenrennen, wie
andere Publikationen bezeugen (Schriftenverz. Nr. 35 und Nr. 33). Um
Elemente
dieser Spiele in authentischer Weise wieder lebendig werden zu lassen,
beteiligt
er sich zur Zeit (2005/6) an den Planungen eines "Limesparks" im
fränkischen
Ellingen: Sollten sich hier Junkelmanns Vorstellungen gegen die anderer
Beteiligter
(die eher an ein römisches Disneyland denken) durchsetzen, so
könnte
hier eine archäologische Novität von weltweiter Ausstrahlung
entstehen.
Ridley Scotts „Gladiator“ gab nicht nur einen ‚Aufhänger’ für
Junkelmanns
(längst geplante und vorbereitete) Darstellung der römischen
Gladiatur,
dieser Film wurde auch Anlass zu Junkelmanns letztem umfangreichen
Buch,
mit dem er sich auf ein völlig neues Terrain gewagt hat:
„Hollywoods
Traum von Rom“ [Nr. 17]. Entstanden ist hier die bisher
größte
und am tiefsten dringende Darstellung des sogenannten Sandalenfilms,
der
nach seinem Scheintod im Jahr 1964 dreieinhalb Jahrzehnte später
eben
mit „Gladiator“ eine unerwartete Auferstehung erlebte, von der wir in
Kino
und Fernsehen zur Zeit ständig Zeuge sind. Junkelmann leitet
diesen
modernen Monumentalfilm überzeugend aus der Historienmalerei und
dem
geschichtlichen Roman des 19. Jahrhunderts her und es gelingt ihm, der
fast
ebenso so leidenschaftlicher Cineast wie Historiker ist, die
Versäumnisse
dieses Films gegenüber der historischen Wirklichkeit ans Licht zu
stellen,
ohne darüber dem Kunstcharakter des Films, der in gewissem
Maß
befugt ist, sich eine eigene Wirklichkeit zu schaffen, Unrecht zu tun:
Auch
wenn etwa in dem berühmten Wagenrennen von „Ben Hur“ fast alle
Details
falsch sind (vgl. bes. auch Schriftenverz. Nr. 33), sei dort doch Geist
und
Atmosphäre der römischen circenses letztlich
einzigartig
getroffen. Hinter Junkelmanns höchst gelehrten, immer aber auch
humorvollen
und stilistisch brillanten Darlegungen, steht dabei ein Appell an die
Filmschaffenden,
nicht vorschnell dies und das für filmisch notwendig zu
erklären
– wodurch dann meist nur aus Filmen schon bekannte Klischees über
die
Römer weitergeschleppt werden -, sondern immer auch zu
überlegen,
ob nicht die Wirklichkeit gerade für den Film letztlich sogar noch
interessanter
wäre. So übt Junkelmann auch höchst berechtigte Kritik
an
der Gewohnheit, immer wieder dieselben Themen (Kleopatra usw.) zu
repetieren,
statt die vielen anderen interessanten Stoffe zu heben, die in der
römischen
Geschichte noch verborgen sind. Wer sie zum Thema eines Films macht,
hat,
wie Junkelmann sieht, eine Arbeit zu leisten, die von der des
Historikers
nicht einmal völlig verschieden ist, denn auch dieser kann ja das
Gewesene
nicht einfach abbilden, sondern muss raffen, Schwerpunkte setzen und
Zusammenhänge
verdeutlichen. Gerade auch wegen dieser klug abwägenden Position
hat
das Buch bei fast allen der zahlreichen Rezensenten Anerkennung, ja
begeisterte
Zustimmung gefunden.als eine "quicklebendige, gut fassliche und
zugleich
anspruchsvolle Publikation von Rang" (so der Filmspezialist Michael
Boldhaus,
in: http://www.cinemusic.de/rezension.htm?rid=2270).
Wenn es auch die Römerunternehmungen sind, die Junkelmann vor
allem
und zu Recht bekannt gemacht haben, so versteht er sich doch als ein
Kultur-
und vor allem Militärhistoriker für alle Epochen (mit
Ausnahme
unseres zu Ende gehenden Jahrhunderts, dessen Kriegsführung ihm
nach
privatem Bekenntnis widerwärtig ist). Seine beiden Bände
über
den amerikanischen Bürgerkrieg [Schriftenverz. Nr. 3 und 4], seit
längerem
vergriffen, bieten nicht nur wegen des einzigartigen Fotomaterials eine
gerade
für den Laien höchst instruktive Lektüre. Nicht minder
fesselnd
ist das (auch ins Schwedische übersetzte) Buch über Gustav
Adolf
[Nr. 8], welches Junkelmann, wenn möglich, durch ein
entsprechendes
Werk über Gustav Adolfs Gegenspieler Tilly ergänzen sollte
(einen
Vorgeschmack gibt die inhaltsreiche, in der historischen Literatur
heute
für grundlegend angesehene Skizze Nr. 22). Auch seine
Auseinandersetzung
mit der ethischen Problematik des Kriegs überhaupt (dokumentiert
vor
allem in dem ausgreifenden Aufsatz über "Gottes Kriege, Gottes
Siege"
[Nr. 25]) würde ein umfassende monographische Darstellung
verdienen,
ebenso die Weltgeschichte des Soldatentums. Ein das
Militärhistorische
weit überschreitendes Geschichtswerk ist Junkelmanns erste
Buchpublikation
"Napoleon und Bayern" [Nr. 1], eine vorzügliche Analyse der
Epoche,
die wie keine andere für das heutige säkularisierte, aber dem
Alten
doch immer noch sehnsüchtig verbundene Bayern prägend war.
Schon
dieses Buch, das mit einer eindrucksvollen Gemäldebeschreibung
beginnt,
zeigt Junkelmanns besondere Kunst, Bilder nicht nur zur Illustration
eines
Texts heranzuziehen, sondern von ihnen ausgehend und aus ihnen heraus
geschichtliche
Kräfte sichtbar zu machen. So ist es ein wenig zu bedauern, dass
Junkelmanns
Doktordissertation über Kurfürst Max Emanuel [Nr. 13],
obschon
sie von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften für ihre
Veröffentlichungen
vorgesehen war, erst im Frühjahr 2000 als fotomechanischer
Nachdruck
der Urfassung (von 1979) zum Druck gekommen ist.(Der Verfasser ist hier
der
Dynamik seiner eigenen Unternehmungen, die ja immer auch finanziert
werden
mussten, zum Opfer gefallen.) Wie gründlich er aber auch auf dem
Gebiet
dieser seiner wissenschaftlichen Erstlingsarbeit weiterhin tätig
geblieben
ist, wird eindrucksvoll bewiesen durch sein neues Buch über die
Schlacht
von Höchstädt [Nr. 16], in dem die ganze neuere Literatur zu
Max
Emanuel aufgearbeitet ist; diesem Buch ist, neben einigen weiteren
Arbeiten
auch zu Spezialproblemen [Nr. 39-41] in den "Heften zur Bayerischen
Geschichte
und Kultur" eine populäre, herrlich bebilderte Behandlung
desselben
Themas gefolgt [Nr. 18]. Ein Kabinettstück historischer
Porträtkunst
ist schließlich der Vortrag über Max Emanuel, den Junkelmann
im
Rahmen der bavaristischen Ringvorlesung unserer Münchner
Universität
gehalten hat [Nr. 36]. Zusammen mit den bayerischen Landeshistorikern
der
Universität hat er nun auch das Konzept der sechs Dokumentarfilme
erarbeitet,
die das Bayerische Fernsehen zum Jubiläum des Königreichs
Bayern
(1806 – 2006) im kommenden Jahr ausstrahlen wird.
Von Marcus Junkelmann ist, auch wenn und gerade wenn er als nunmehr
Mittfünfziger
sein Leben in Zukunft etwas ruhiger anzulegen gedenkt, für die
Wissenschaft
noch Vieles und Großes zu erwarten, vielleicht auch im Bereich
der
akademischen Lehre – viele Jahre war er an unserem Philologischen
Seminar
Lehrbeauftragter für römische Kulturgeschichte - und
hoffentlich
besonders als Verfasser des längst überfälligen neuen
"Kriegswesens
der Griechen und Römer" (denn das letzte einschlägige
deutsche
Handbuch, von Kromayer-Veith, stammt von 1928). Vorläufig steht
Junkelmanns
Name, wie schon öfter festgestellt, für den Begriff der
"experimentellen
Archäologie", der, wenn auch von ihm wohl nicht gerade erfunden,
sich
doch vor allem im Zusammenhang seiner Unternehmungen überall,
zumindest
in den europäischen Sprachen, verbreitet hat. Äußerlich
gesehen
war ja seine 1985 (als Teil der Legio XXI Rapax) gebildete
Römergruppe,
die bald in der Ala II Flavia ihre Nachfolgerin fand, nur
gewissermaßen
ein antikes Gegenstück zu den vielen amerikanischen
Militärgruppen,
die sich in den Sechziger Jahren zum hundertjährigen Jubiläum
des
Bürgerkriegs (unter den Schlagwörtern "reenactment" und
"living
history") gebildet hatten, vielleicht auch der "Ermine Street Guard",
die
als Abteilung der legio XX Valeria Victrix in England seit 1972
Anschauungsunterricht
zum römischen Militär vermittelt. Fundamental verschieden von
diesen
wie auch von den meisten Römergruppen, die im Gefolge von
Junkelmann
selber weltweit (bis nach Amerika, Russland, ja Australien) entstanden
sind
(vgl. Junkelmanns eigenen wissenschaftsgeschichtlichen Beitrag in
Schriftenverz.
Nr. 37) - bereits das Jahr 1999 brachte ein "First International
Meeting
of Roman Groups" (bzw. "International Conference of Experimental
Archaeology")
in Villadose (Italien) -, ist die strikt wissenschaftliche Ausrichtung
seines
Unternehmens, durch das ja nicht nur Historisches veranschaulicht,
sondern
historische Erkenntnis allererst gewonnen werden soll und das
dementsprechend
nach einer klaren Versuchsanordnung abläuft. Als
experimentierender
Geschichtswissenschaftler erfüllt er Postulate, wie sie schon am
Anfang
des zwanzigsten Jahrhunderts der Historiker Hans Delbrück
für
die Militärgeschichte aufgestellt und wie sie auf anderem Gebiet
etwa,
noch spektakulärer, 1947 Thor Heyerdahl verwirklicht hat. Dazu
kommt
als ein besonderes Spezifikum, dass Junkelmann im Gegensatz zu anderen
bis
in die Details seiner ‚Requisiten‘ hinein kompromisslos auf Echtheit
dringt
(selbst etwa ein neben anderen Gaben bei einem römischen Opfer
verbranntes
Brot ist von ihm eigenhändig nach römischem Rezept für
libum gebacken). Es dürfte auch dieses weniger von ihm selbst
propagierte
als von der Öffentlichkeit instinktiv gefühlte Streben nach
völliger
Authentizität sein, das ihm seine von keinem Nachahmer erreichte
Publikumswirksamkeit
und Popularität verschafft.