Der erste Kinderbuchautor soll angeblich Homer mit seiner Batrachomyomachia gewesen sein. Aber als
Schulbuch haben dieses Werk erst im 9. Jhdt. die Byzantiner entdeckt; im 15. Jdt. erobert es dann in lateinischer
Fassung den Westen - ein Favorit bis weit ins 17. Jhdt. Wie bei den Griechen so dominieren aber auch in der lateinischen
Schule die Fabeln des Aesopus, lange Zeit in einer spätantiken Prosabearbeitung des Phaedrus, die wiederum Versfassungen
nach sich zieht. Etwas Neues kommt mit Fénélons Aventures de Télémaque (1699), dem ersten für die Jugend
geschriebenen Roman, der gleich viermal ins Lateinische übersetzt wird - um der Großartigkeit des Werks international
gerecht zu werden. Dagegen überträgt Philipp J. Lieberkühn den Robinson (1789) von Defoe und Campe, um eine
attraktive Anfängerlektüre zu gewinnen. Trotz seines Erfolgs wird diese Linie erst später wieder durch die Bewegung
des sog. Latin vivant aufgenommen. Ein Meister ist hier Ugo Enrico Paoli. Sensationelles Aufsehen erregt aber
erst Alexander Lenard mit Winnie ille Pu (1960), der bald eine Flut ähnlicher Übersetzungen nach sich zieht.
Einen vergleichbaren Erfolg im Bereich der Comics hatte der witzige Schulmeister Rubricastellanus mit dem lateinischen
Asterix (1973). Aus vielem einschlägigen Schund heben sich hervor die erst neuerdings unternommenen Versuche,
originale lateinische Werke für die Jugend zu verfassen, so etwa Michael von Albrecht mit seinem Simius liberator
(1991).