In memoriam Andreas Heider


 

Cantatum satis est: frangite barbita!

«Sei’s des Liedes genug: Sprenget das Saitenspiel !»

So steht es auf der Umschlagrückseite von Andreas Heiders Doktordissertation,

und so empfinde ich es, wenn ich nunmehr vor seinem Grab stehe.

Sein Leben war viel zu kurz, aber, wie es in der Todesanzeige heißt,

es war doch – so empfinden wir alle - ein erfülltes Leben.

Zu dieser Erfüllung rechne ich es auch,

dass es Andreas Heider trotz seiner Krankheit noch vergönnt war,

nicht nur einen Sohn zu zeugen,

der nun die Freude seiner Mutter und Großeltern ist,

sondern auch seine Dissertation, an der ihm und uns klassischen Philologen so viel lag,

in seinen letzten Lebensjahren noch zum Druck zu bringen.

Die Mühsal hat sich gelohnt!

Andreas Heider hatte das Glück, in Jacobus Balde,

dem genialen, seinerzeit weltberühmten Lateindichter des deutschen Barock,

den ihm einzigartig angemessenen Gegenstand seiner Studien zu finden.

In der Beschäftigung mit diesem Jesuitendichter konnte er vereinen, was ihm lieb war:

die Freude an seinem immer bekannten christlichen Glauben

und die Liebe zur klassischen Antike mit ihrer Wunderwelt literarischer Formen.

Seine Dissertation hatte eben dieses auch zum Thema:

Jabobus Baldes eigenes, hintersinniges, erst eigentlich von Heider entdecktes Nachdenken

über dieses Verhältnis von Heiden- und Christentum,

von antik-künstlerischer Form und christlich-geistlichem Gehalt.

Entstanden ist in langer, angestrengter Arbeit ein Werk,

das dann doch in seiner Frische, Originalität und Selbständigkeit -

denn trotz Beratung stammte letztlich alles von ihm und aus ihm selber -

unter den Arbeiten, die hier gemacht werden, als etwas Besonderes hervorsticht.

Ein bekannter Kollege und Neulateiner,

mit Balde und den Jesuiten seit Jahrzehnten befasst, schrieb mir,

dass erst Andreas Heider ihm für Baldes Größe die Augen geöffnet habe;

und in der soeben erschienenen großen Besprechung im Neulateinischen Jahrbuch

spricht der Rezensent geradezu von einem "Überborden" der Gedanken,

vom "hohen Rang" dieser Arbeit

und seiner "durchgehenden philologischen und literaturwissenschaftlichen Brillanz".

Ich bin nicht nur darum glücklich,

dass ich Andreas Heiders Lehrer und Doktorvater sein durfte:

Durch sein heiteres, musisches Wesen,

seinen Geist und seine Einfälle hat er mich immer entzückt und bereichert;

und durch seine Bescheidenheit hat er uns alle beschämt.

Selten trifft man einen Menschen, über den jeder nur Gutes redet.

Aber so einer war er.

Auch unser Lateinverein Sodalitas hat vielen Grund, Andreas Heider dankbar zu sein.

Ohne Mitglied zu sein, hat er uns doch fünfzehn Jahre lang

seine reichen Talente als Musiker, Redner, Schauspieler, Fotograf, Journalist

und immer wieder als stilsicherer Lateiner zur Verfügung gestellt:

Vor allem auch sein fundamentaler Kontrabass war lange Zeit

aus unseren Veranstaltungen nicht wegzudenken.

Vielleicht ergibt sich uns doch noch später einmal die Gelegenheit,

einiges von dem, was er an Beiträgen zur Antike

in seiner Heimatzeitung geradezu verschwendet hat, zusammenzufassen

und in der angemessenen Form mit breiterer Wirkung zu veröffentlichen.

Er hatte so viel, und er hat so viel gegeben.

Ut hominem Christianum sic te, mi Andreas, salutamus:

Requiescas in pace!

Ut amico Latinarum Musarum, quas tanti fecisti, precamur:

Sit tibi terra levis!

Wilfried Stroh