Wilfried Stroh
Der Redner Cicero im Schulunterricht
Rhetorik galt in der antiken Definition als „Werkmeisterin der
Überredung“ (wovon die „Überzeugung“ in der Regel nicht geschieden
wurde). Ciceros Reden sind einzigartige Beispiele einer so verstandenen
Kunst. Da er sie selbst für das Studium der Jugend, d.h. den
Rhetorikunterricht bestimmt hat, sind sie – im Gegensatz zu so
ziemlich allen anderen antiken Texten – eine echte Schullektüre.
Will man sie aber als rhetorische Werke in diesem Sinn interpretieren,
sind die beliebten Reden Pro Archia
und De imperio Cn. Pompei
recht
ungeeignet, da gerade in ihnen Cicero keine große Überredungsarbeit
leisten muss. Eher in Frage kommt die ebenfalls beliebte erste Rede In Catilinam, die aber völlig
singulär und unrepräsentativ ist. Eine ideale Rede wäre aus vielen
Gründen die schon im Altertum meistbewunderte Rede Pro Milone, die jedoch sehr lang
ist. Aber auch z.B. die geniale Rede Pro
Ligario und die (allzu wenig bekannte) Divinatio in Caecilium bieten gute
Alternativen.