Nach allem, was wir wissen, ist Latein die
(bisher) erfolgreichste Sprache der Weltgeschichte. Mehr als anderthalb
Jahrtausende hindurch war es weltweit die selbstverständliche
Kommunikationssprache aller Gebildeten; auch heute lebt es weiter nicht
nur in den vom Gymnasialunterricht betreuten lateinischen Klassikern,
sondern vor allem auch in den romanischen Sprachen, der internationalen
Wissenschaftsterminologie und – als lebendig praktizierte Sprache – auf
Kongressen, in Zeitschriften und im Internet (world wide web – tela
totius terrae). Beruht dieser Welterfolg der einst unbedeutenden
Regionalsprache von Latium nur auf der Gewalt der römischen Waffen, die
ein Weltreich erobert haben? Oder auf einer geistigen Leistung der
Römer? Oder der Kraft der Sprache selber? Dies soll bei einem Durchgang
durch die Weltgeschichte des Lateinischen diskutiert werden.
Dabei kann nicht vergessen werden, welch bedeutende Rolle gerade
München in der Lateinkultur der Neuzeit gespielt hat. Von der Mitte des
siebzehnten Jahrhunderts an dürfte München als „zweites Rom“ vor allem
dank seinem von Jesuiten betreuten Theater führende Lateinstadt der
Welt
gewesen sein. Heute sorgt der in München stationierte Thesaurus
linguae Latinae, das größte Lexikonunternehmen aller Zeiten, dafür,
dass kein Lateiner der Welt an München vorbeikommt.