Nach
allem, was wir wissen, ist Latein die (bisher) erfolgreichste Sprache
der Weltgeschichte. Noch nach dem Ende der antiken Kultur war es ein
Jahrtausend hindurch, von der Bildungsreform Karls des Großen bis fast
zur Zeit der Französischen Revolution, weltweit als Zweitsprache das
selbstverständliche Kommunikationsmittel aller Gebildeten und
bevorzugte Sprache sogar der schönen Literatur; auch heute lebt es
weiter nicht nur in den vom Unterricht betreuten lateinischen
Klassikern, sondern bekanntlich auch in den romanischen Sprachen, der
Wissenschaftsterminologie und – als lebendig praktizierte Sprache – auf
Kongressen, in Zeitschriften und im Internet (tela totius terrae).
Beruht dieser Welterfolg der einst unbedeutenden Regionalsprache von
Latium nur auf der Gewalt der römischen Waffen, die ein Weltreich
erobert haben? Oder auf einer geistigen Leistung der Römer? Oder auf
einer Kraft der Sprache selber? Dies soll bei einem Gang durch die
Weltgeschichte des Lateinischen diskutiert werden, wobei die antike
Sprachgeschichte im Vordergrund stehen wird: Wann überhaupt ist Latein
Weltsprache geworden? Wie und wieweit hat es sich vor allem gegen das
Griechische durchsetzen können?