Jan Novák: Columbae pacis et aliud pecus

Carminum contra libertatis nostrae oppressores series, ad cantum vocis claviumque (1971)
Friedenstauben und anderes Vieh. Ein Liederzyklus gegen die Unterdrücker unserer Freiheit
für Gesang und Klavier
Text: Jan Novák
Übersetzung: Wilfried Stroh
 
 
 
COLVMBAE PACIS
 
I. LATRATRIX
 
Interdum laetatur et interdum modo plangit.
Arma inter latrat. Musa silere nequit. Bau, bau.
 
II. CANTILENA I
 
Nox erat. Somnos strepitus fugarunt.
Surgite, o cives, oculis videte:
Hospites venere vehuntque pacem
   in cataphractis.
 
III. COLVMBAE
 
Expedivit ex catena pacis has columbulas:
Quas turbas nobis, quae mala multa dabunt!
 
IV. ELEPHAS
 
Carro proteris armato violasque rosasque.
Non est fas, elephas, rumpere eas. Pereas!
 
V. CANTILENA II
 
Incitatas, en, apium coronas
De favo dulci nimium timentes
Cum rapax et mellivorax adest fur
   Perditor Ursus.
 
VI. SEPIA
 
Dira tenet nos sepia, sepia dira tenet nos,
Et tenet et sugit sepis sanguivora.
Sepia sed dicit sese esse bonam esse piamque.
Credite rem miram: sepiam esse piam!
 
VII. DENTIFRANGIBVLVM
 
Dentibus, o di, frendimus atque frendimus usque.
Frendendo nullus finis adesse potest.
At multis nostrum de dente quidem hoc licet uno:
Effregit dentes iam scelerata manus.
 
VIII. CANTILENA III
 
Iam tuas calces utinam viderem
Se auferentes hinc tua et, Vrse, terga
Versa et ardentes oculos, at illos
   Posteriores.
 
IX. LAPIDES
 
Armatos contra currus lapides modo ieci.
At profeci nil. At melius mihi erat.
 
 
 
 
FRIEDENSTAUBEN UND ANDERES VIEH

I. Die Bellerin
[elegisches Distichon]

Bisweilen freut sie sich und bisweilen heult sie nur.
Sie bellt unter Waffen. Schweigen kann die Muse nicht. Bau, bau.

II. Das erste Lied
[sapphische Strophe]

Nacht war es. Das Getös verjagte den Schlaf.
Steht auf, ihr Bürger, seht es mit Augen:
Freunde sind gekommen und bringen uns den Frieden

in Panzern.

III. Tauben
[trochaeischer Septenar und Pentameter]

Von der Kette losgelassen hat er uns diese Friedenstäublein:
Was werden sie uns für Wirbel machen, wie viel Leid uns bringen!

IV. Elefant
[elegisches Distichon]

Mit bewaffnetem Wagen zertrampelst du die Veilchen und Rosen.
Du darfst sie nicht zerstören, Elefant: Geh zum Teufel!

V. Das zweite Lied
[sapphische Strophe]

Schau, wie aufgeregt die Bienenschwärme sind,
weil sie allzu sehr um ihre süßen Waben fürchten müssen,
wenn der räuberische und honigfressende Dieb kommt,
der verheerende Bär.

VI. Sepia
[elegische Disticha]

Es hat uns die böse Sepia, die böse Sepia hat uns befallen;
sie hält uns und saugt, die blutfressende Sepia.
Aber die Sepia sagt, sie sei gut und fromm.
Glaubt nur die Wundermär: eine Sepia – und will fromm sein!

VII. Zahnbrecher
[elegische Disticha]

Mit den Zähnen, ihr Götter, knirschen wir und knirschen wir immer.
Es kann kein Ende geben für dieses Knirschen.
Aber viele von uns haben nicht einmal mehr einen einzigen Zahn dafür:
Die Verbrecherbande hat ihnen schon alle Zähne ausgeschlagen.

VIII. Drittes Lied
[sapphische Strophe]

Ach könnte ich doch schon deine Fersen sehen,
wie sie von hier davongehen, und deinen abgekehrten Rücken, Bär,
und deine brennenden Augen –
aber die von hinten!

IX. Steine
[elegisches Distichon]

Gegen die bewaffneten Wagen habe ich gerade Steine geschleudert.
Genutzt hat es nichts. Aber mir war danach besser.

 
 
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