Jan Novák: Dulces cantilenae

für Sopran und Violoncello (entstanden 1966)
Text: Ianus Campanus Vodnianus (gest. 1622)
Übersetzung: Wilfried Stroh

DVLCES CANTILENAE
in odaria Magistri Campagni
cantrice et fidibus maioribus concinendae
SÜSSE GESÄNGE
zu Liedern (nach dem Hohenlied)
von Johannes Campanus Vodnianus


I. Sapphici et iambi ('Veni, dilecte mi')
Eia, ver blandum vocat, exeamus,
   dilecte, visum ruscula.
Tempus in villis placide teramus
   certi videre singula.
Sole surgentes videamus orto,
   edatne flores vinea.
Hoc meas mammas ut ames in horto,
   quo mala florent citrea!

II. Iambi ('Ego flos campi')
Rosae placens odore,
rosae placens colore,
Saroniae rosellae
fragrantis ac tenellae!
Sum lilium nitescens,
in valle dulce crescens,
olere dulce natum
et imbribus rigatum.

III. Iambi sive trochaei ('Capite nobis vulpes')
Huc mei procurrite,
   servuli volentes
atque vulpes prendite
   vineam prementes!
Tam racemis noxias
   vitibusque lentis
sit capi fas bestias
   agminis nocentis.

IV. Phalaecei ('Dum esset rex in accubitu suo')
Dum me rex retinet suos amores,
nardus huic mea flat suos odores.
Myrrham rex olet ipse basiando
ad mammasque mihi meas cubando.

V. Iambi ('Adiuro vos, filiae Ierusalem')
Urbis sacrae puellae,
dulces et integellae,
per hinnulos sequaces,
per capreas fugaces,
adiuro vos, sorores,
nemo meos amores
turbet, frui quiete
dum vult meus. Tacete!

I. 'Komm, mein Geliebter' (7, 11-12)
Auf! Der holde Frühling, er ruft: Geschwinde
   lass uns aufs Land, Geliebter, gehn!
Gut lebt's auf den Höfen sich beim Gesinde,
   und alles Schöne solln wir sehn.
Lass uns, wenn die Sonne sich hebt, erblicken,
   wie unser Weinberg Knospen sprüht:
Meine Brüste, Geliebter, sollst du drücken
   im Hain, wo die Zitrone blüht.

II. 'Ich Blume des Felds' (2, 1)
Mit Rosenduft entzückend,
mit Rosenglanz berückend,
bist du wie Sarons Rosen,
weißt, zart wie sie zu kosen.
Die Lilie bin ich, strahle
mit süßem Glanz im Tale;
nur Süßigkeit ergötzt mich,
nur Himmelsregen netzt mich.

III. 'Fangt uns die Füchse' (2, 15)
Kommt, ihr Diener, rasch herbei,
   den Befehl zu hören:
Jagt die Füchse, die zu frei
   meinen Weinberg stören!
In den Stöcken wüten sie,
   fressen alle Reben.
Greift sie rasch! Es darf doch nie
   so viel Bosheit geben.

IV. 'Als der König bei mir schlief' (1, 12-13)
Will der König als Liebster mich genießen,
soll ihm Narde mit holdem Dufte fließen.
Myrrhen warn seine Lippen, wenn sie küssten,
wenn er selber verging an meinen Brüsten.

V. 'Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem' (2, 7)
Aus heilger Stadt ihr Frauen,
holdselig anzuschauen,
bei allen zagen Kücken
bei allen kecken Zicken,
beschwör ich euch, ihr Lieben,
den Freund nicht zu betrüben,
dass, wenn das Haupt er neiget
zum Schlummer – bitte, schweiget!



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